30 April 2013

Bocas del Toro I Panama.

Unsere nächste Station in Panama würde Bocas del Toro sein, ein Archipel in der Karibik. Verwirrenderweise steht der Name sowohl für die Provinz als auch für das Archipel als auch für die Stadt auf einer der Inseln. Als wenn das Land so groß wäre, dass man sich nicht mal noch ein, zwei neue Namen ausdenken könnte. Da dieser Stopp ja unserer Ersatz für die San Blas Inseln war, hatten wir uns auf der ruhigeren Insel Bastimentos eingebucht. Da mussten wir natürlich erst mal hin. Also auf mit dem Bus nach David und von dort mit dem Bus nach Almirante. Für letztere Fahrt hatten wir das zweifelhafte Vergnügen direkt vorne neben dem Fahrer zu sitzen auf einem extra für uns hergerichteten Notsitz. Zum Glück gabs nach etwa halber Strecke einen kurzen Stopp, ansonsten bin ich mir nicht sicher, ob wir unsere Beine noch gespürt hätten. Ansonsten ging aber alles problemlos, wir mussten dann noch zwei Taxiboote bemühen und schon waren wir da am Palmar Dock.

Die sind hier in der Wahl der Fortbewegungsmittel echt kreativ-da wird auch mal auf einen Waschzuber zurückgegriffen.

Wir konnten bis zum Ende nicht rausfinden, was die da aus den Mangroven rausholen, aber die shippern da den ganzen Tag in der Gegend rum.

Total schön hier in der Karibik-die bauen alles auf Stelzen. Da kann locker ne 1m Welle kommen und es steht noch alles.

Bocas Town.

Bocas Town.

Mystic Wind - Schöner Name, aber muss ich jetzt auch nicht zwangsweise aufs offene Meer mit raus.
Auf dem Fußweg zu unserer Unterkunft haben wir schon einen Baby – Rochen und einen Kayman gesehen, das liegt hier echt mitten im Dschungel. Die Palmar Tente Lodge hat uns dann auch auf den ersten Blick zugesagt, mit exponierter Lage direkt am Strand, und Lage ist ja alles, wie man unter Immobilienmaklern so schön sagt. Apropos Immobilie, für schlanke 190.000$ bekommt man hier einen Acre direkt am Strand. Leider weiß ich nicht, wie groß ein Acre ist, wenns einem qm entspricht wäre es natürlich ziemlich teuer.

So richtig stressig war es jetzt für den Kollegen auch nicht...
Wie der Name schon sagt, residierten wir in einem Zelt, welches allerdings mit Betten mit semi – orthopädischen Matratzen, Licht und einer abschließbaren Kiste ausgestattet waren. So könnte ich mir in Zukunft auch die Behausung bei einem Musikfestival vorstellen, man ist ja auch nicht mehr der Jüngste. Was jetzt allerdings semi – orthopädisch bedeutet, weiß ich allerding auch nicht. Super für die Beine, Scheiße für den Rücken vielleicht.

Isla Bastimentos.

Red Frog Beach...

... unser Haus- und Hofstrand.


Sonnenuntergang vor unserer Haustür.
Das war unsere Behausung.
Unsere Unterkunft war echt cool-komplett im Dschungel.

Und mal wieder hatten wir ewig viele Haushunde. Ich weiß gar nicht, ob wir zu Hause ohne noch auskommen. Dieses Exemplar hatte eine verletzte Pfote und nur drei nutzbare Beine zur Fortbewegung, war aber trotzdem gut drauf.
Kurz nach unserer Ankunft wurde auch schon Abendessen serviert, vor ein paar Tagen haben die hier nämlich die Gemeinschaftsküche geschlossen, und durch ein Restaurant ersetzt. Das ist aber eigentlich ganz cool, morgens und abends gibt es a la Carte und abends ein Essen, das man entweder nimmt oder auch nicht. Just an diesem Abend gab es Burger, da haben wir natürlich nicht nein gesagt. Nachdem wir noch ein bisschen mit den anderen Gästen geschnackt haben, gings auch schon wieder ins Bett.

Unseren ersten Tag haben wir mehr oder weniger vergammelt, sind ein bisschen über die Insel gelatscht und haben das hier wohnende Faultier besucht, leider war der Kollege etwas weit weg. Für den nächsten Tag stand aber schon das erste Highlight an, ein Katamaran – Trip mit Delfinen gucken und Schnorcheln. Wir hatten darüber schon vorher mal was im Internet gelesen, und dadurch wusste ich, dass der Laden einem Deutschen namens Hartmut gehörte. Insgeheim hatte ich ja gehofft, dass es sich da um den Wirt aus unseren ehemaligen Stammkneipe handeln würde, der hatte nämlich nachdem er sich zur Ruhe gesetzt hatte, mit dem Gedanken gespielt, auszuwandern. Daher hatte ich mich eigentlich schon auf ein frisch gezapftes DAB, ne Fleischtasche und ne Runde Schocken gefreut. Es war dann aber leider doch nur ein Namensvetter. Da an unserem Hartmut seinem letzten Abend allerdings auch eine hier nicht namentlich zu nennende Person das gesamte Klo vollgebrochen hatte, gehe ich davon aus, dass zur Vermeidung eines solchen Vorfalls sowieso kein Pils ausgeschenkt worden wäre, sogar, wenn es sich um eben diesen Hartmut gehandelt hätte. Das hat mich dann ein wenig getröstet. Unser Skipper war aber auch ohne DAB und Fleischtasche ein ganz witziger Vogel, der macht sich seit seiner Pensionierung vor 2 Jahren hier schön locker. Stress ist, wenn es mal kein Bier gibt, aber der Rum geht hier wohl nie zu Neige, daher alles halb so schlimm. Gedanklich habe ich auch schon die ersten gesparten 100.000€ für den Kauf eines Katamarans zurückgelegt, das ist so entspannt, auf dem Ding durch die Gegend zu schippern.

An alle Väter: Die Anschaffung eines Katamarans zum Ruhestand wäre eine wirklich, wirklich schöne Idee!

Es ließ sich wohl aushalten.
An unserem ersten Stopp haben wir dann leider nur zwei Delfine aus der Ferne gesehen, also sind wir recht zügig weiter zum ersten Schnorchel – Stopp. Das wäre sicher auch ganz nett gewesen, wenn sich nicht nach etwa 5 Minuten ein Pilotfisch an mich dran gehängt hätte. Gesehen hab ich den durch das eingeschränkte Sichtfeld der Maske gar nicht, aber als der das erste Mal, mich fälschlicherweise wohl für einen Hai oder eine Schildkröte - aus ästhetischen Gesichtspunkten tendiere ich zum Hai - haltend, einen Angriff auf meine Nippel geschwommen ist, wusste ich Bescheid. Den Kollegen bin ich auch bis zum Ende unserer Runde nicht mehr los geworden, durch sicher nicht sehr souverän aussehende Ruderbewegungen konnte ich die erfolgreichen Attacken aber wenigstens auf ein erträgliches Minimum beschränken. Fieser kleiner Fisch.

Nach einem kleinen Mittagessen auf dem Boot gings weiter zu „The Garden“ um dort noch mal zu schnorcheln. Entgegen meiner Befürchtung hatte uns der Pilot nicht verfolgt, und wir konnten uns ganz entspannt die Unterwasserwelt anschauen. Und da gabs jede Menge zu sehen, das war fast schon wie in Thailand, mit jeder Menge schöner Korallen und bunter Fische.

Als wir abends wieder an unserem Zeltlager angekommen sind, saßen da Charlotte und Ruddy, die unserer Empfehlung gefolgt waren und hier auch eine Nacht bleiben würden. Mit den beiden und diversen anderen Gästen saßen wir dann noch bis um 12 ums Lagerfeuer und haben gequatscht. Irgendwann hatten zwei weitere Deutsche dann aber die gesamte Gruppe versprengt, nachdem sie ungefähr eine Stunde immer wieder versucht haben, „Price Tag“ von Jessie J  zu performen, sowieso schon kein Knaller – Song, aber immer nur halb und/oder falsch gespielt, irgendwann nicht mehr zu ertragen. Die Abwanderung scheint sie aber offensichtlich nicht in ihrem Tun gestört zu haben, das ging auch nachdem der Letzte gegangen war, noch so weiter.

Morgens hatten wir uns dann mit den beiden Franzosen dazu entschieden noch eine Tour nach Zapatilla zu machen, einer weiteren Insel des Archipels, auf der, Fun Fact, „Survivor“ gedreht wurde. Als wir gesehen haben, wie winzig klein dieses Stück Erde ist, ist es kein Wunder, dass sich die Teilnehmer da immer so zerfleischen, abgesehen davon, dass die Zusammenstellung der Kandidaten – Satanist trifft Zeuge Jehova o.ä. – sicher auch mit Bedacht gewählt wird. Ansonsten ist die Insel aber schon ziemlich nah an dem dran, was man landläufig als Paradies bezeichnen würde.

Isla Zapatillo - unser Ausflugsziel zum Schnorcheln.

Ein wunderschönes Fleckchen...

...für uns vier.
Da sind wir dann nach einem kurzen Rundgang auch Schnorcheln gegangen, und auch da gabs ordentlich Flora und Fauna. Einer von den Rangern, die da rumhängen und den Eintritt einsammeln, hat uns dann noch eine Kokosnuss geschlachtet. Da wundert man sich schon, dass der noch alle 8 Finger und die dazugehörigen Daumen hat, wenn der da so mit der Machete agiert. Ich hätte mir mit ziemlicher Sicherheit schon beim ersten Hieb diverse Extremitäten amputiert.

Isla Zapatillo - wir haben auch Survivor "gespielt". Ruddy hat uns Kokusnüße gesammelt-zum Aufmachen mussten wir uns allerdings trotzdem noch an einen Local wenden.

Gut, dass wir kein Team beim Synchronschwimmen sind...
Nach einem weiteren, sehr ansehnlichen Schnorchelspot hat uns der Bootsführer zu unserem Dock gefahren, wo wir uns von Charlotte und Ruddy verabschieden mussten, da die abends noch nach Panama City fahren würden. Mit einer Einladung nach Paris in der Tasche machten wir uns auf den Weg zurück zur Lodge, als wir im altbekannten Faultierbaum eine ganze Familie der lustigen Spezies entdeckten. Kehr, was war das kleine Baby süß. Da die ja keine natürlichen Feinde haben - das hätte bei der Bewegungsgeschwindigkeit wohl auch ziemlich kurze Beine - ließen die sich auch überhaupt nicht durch unsere Anwesenheit stören, und kamen ziemlich nah an uns ran.

Das Baby Faultier bei uns auf der Insel. Die sind echt so süß-das gute ist, beeilen muss man sich beim Fotografieren beim besten Willen nicht. Die sind so langsam.

Mama Faultier mit Baby umgeschnallt auf Nahrungssuche. Da wird locker pro Minute ein cm zurückgelegt. 
Da es uns bis jetzt sehr gut gefallen hatte, und das ja wahrscheinlich der letzte Aufenthalt am Strand sein würde auf unserer Reise, haben wir uns entschieden, keine Nacht mehr in Panama City zu verbringen, hier noch zu verlängern, und dann mit dem Nachtbus zurück zu fahren.

Wir hatten also noch einen vollen Tag, den wir aber primär in der Hängematte verbracht haben, nur unterbrochen durch einen kurzen Ausflug mit dem Surfbrett, da die Wellen hier auch für unregelmäßig Surfende das ein oder andere Erfolgserlebnis bereithalten. Abends sind dann überraschenderweise noch Joel, Nadja und Lucy aufgetaucht, die mit uns in Boquete den Vulkan erklommen hatten. Die waren völlig fertig nach 4 Tagen Dauerparty im Lost&Found, einer Dschungel - Lodge zwischen Boquete und Bocas. Mit denen war aber leider nicht mehr allzu viel anzufangen, daher gings nach dem Essen auch relativ zeitig ins Bett.

Am nächsten Morgen hatten wir einen Überraschungsgast im Zelt. Eine Hundedame, die zum erweiterten Kreis der zu der Lodge zugehörigen Tiere zu zählen ist, hatte es sich in unserem Zelt gemütlich gemacht. Mag daran gelegen haben, dass wir ihr am Abend zuvor ein paar kleine Happen Hähnchen haben zukommen lassen. Wer jetzt hier rummosert - man gibt streunenden Hunden nichts vom Tisch und so - dem sei gesagt, dass sie ungefähr aussah wie Kate Moss zu ihren schlimmsten Zeiten. Wer diesem armen Tier nichts zu Essen gibt, der hat kein Herz. Wir haben dann noch gemeinsam mit unserer neuen Freundin gefrühstückt, ein bisschen am Strand gelegen und den kleinen Panama - Jungs dabei zu geguckt, wie sie behände die Kokosnusspalmen hochgeklettert sind, bevor es dann zurück ging, um nach Panama City zu fahren, hoffentlich klappt das alles mit dem Bus.

Backo    

25 April 2013

Boquete I Panama.

Nachdem wir es tatsächlich ohne weitere Blessuren ins Boot geschafft hatten, sind wir mit dem Sammeltaxi und dem Bus nach Boquete gefahren. Mit uns unterwegs war noch ein anderes deutsches Pärchen, das gerade von den San Blas Inseln zurückkam und total begeistert war. Na ja, die Entscheidung für Bocas del Torro war jetzt aber schon gefallen.

Das Transportmittel war höchst fragwürdig-Ein Collectivo was uns an eine Kreuzung gebracht hat, damit man da den nächsten Bus anhalten kann-wir mussten uns mit dem Hut (der als Helm fungierte) abwechseln, da der mit der Schrottkiste ziemlich über die Schotterpiste gehackt ist...

wir waren ja froh, dass es wenigstens das Gestänge zum Festhalten gab.

Auf dem Weg nach Boquete.

In Boquete haben wir uns von der Sekunde, in der wir den Bus verlassen hatten direkt wohlgefühlt, ohne genau zu wissen warum. Der Eindruck hat sich dann bei der Ankunft in unserer Unterkunft "Hostal Refugio del Rio" noch einmal bestätigt. Das Teil war echt der Hammer, wir bewohnten ein Baumhaus direkt am Fluss, der hinter dem Haus herlief. Die Besitzer und die restliche Crew waren supernett und hilfsbereit, es gab zur Kostenersparnis eine komplett eingerichtete Küche mit allem Schnick und Schnack und auch die restlichen Gäste schienen nett zu sein. Also haben wir uns erst mal im lokalen Supermercado mit Lebensmitteln eingedeckt und dann noch ein bisschen auf unser Terrasse rumgegammelt.

In Boquete, an dem Flüsschen lag unser Hostel - wirklich eines der schönsten in dem wir bis jetzt waren!

Wenn die Reise rum ist und ich nirgends zum Zahnarzt musste ist meine allergrößte Sorge vergessen.


Die haben hier die Steine umfunktioniert..."Was kann man aus Steinen bauen?" Nicht nur einen Steinmenschen sondern auch einen Wal-hätte Werner Schulze Erdel das gewusst...


Boquete ist echt ein süßes Städtchen und wir haben uns hier von Anfang an wohl gefühlt.

Am nächsten Tag wollten wir den angepriesenen Wasserfall - Hike machen. Um uns noch einmal zu vergewissern haben wir den Busfahrer nach dem Weg gefragt, der schnurstracks nach links zeigte, das nach rechts zeigende Schild mit der Aufschrift "Waterfalls" ignorierend. Aber gut, der wird's schon wissen. Wir haben uns dann noch von einer netten Dame sagen lassen, dass das genau der richtige Weg wäre und los gings. Mit uns unterwegs waren noch ein Pärchen aus Kalifornien und ein Deutscher, die mit uns im Bus gesessen hatten. Letzter hatte gerade Abi gemacht, und war für drei Monate unterwegs, leider ist ihm bereits nach 2 Wochen in Bocas del Torro seine weibliche Reisebegleitung abhanden gekommen. Nach dem Open Water Course hat ihr das Tauchen so gut gefallen, dass sie jetzt zwei Monate da bleibt, und ihren Divemaster macht. Ist natürlich auch nicht so die feine, englische Art, zumal das seine Eltern wohl nicht so ne gute Idee fanden, dass er jetzt alleine durch die Gegend reist, und er jetzt auch noch früher nach Hause fliegt. Ich denke mal, die Freundschaft könnte dadurch einen kleinen Knacks bekommen haben. Der Treck war dann auch ganz nett, ein bisschen gewundert haben wir uns aber doch, als wir am Wasserfall ankamen, da man erstens nicht schwimmen konnte und zweitens es ja eigentlich drei Wasserfälle hintereinander sein sollten, von denen war aber weit und breit nichts zu sehen.

Auf dem Weg zum Wasserfall.


Asia-Style. Die kleinen Bengels wollten uns wieder Geld abknüpfen für ??? Naja hat er nicht bekommen und mochte uns dann auch nicht mehr.


Wir hatten da auch zufällig eine ganz lustige Reisegruppe gebildet mit einem Amipärchen, die auch ein Jahr unterwegs sind und noch nem Deutschen der für 3 Monate nach dem Abi hier rumreist.


Zumindest gab's ein paar schöne Schmetterlinge zu sehen.


Trotzdem war es ein schöner Hike-zwar nicht der, den wir dachten zu machen, aber wer sieht das schon so eng.


Tadaa - der Wasserfal in dem man schwimmen kann?!? Wohl eher nicht...


Lustiger Pilz den wir auf dem "falschen" Wasserfall-Hike entdeckt haben.

Auf dem Weg runter mussten wir dann auch drei Dollar berappen für den Eintritt in den Nationalpark. Und wer saß da im Kassenhäuschen? Die Dame, die uns versichert hat, dass wir auf dem richtigen Weg seien. Waren wir natürlich nicht, wir hätten einfach nur den Schildern folgen müssen. Aber die Geschäftstüchtigkeit werde ich den Mittelamerikanern nie wieder absprechen.

Den folgenden Tag haben wir mehr oder weniger im Hostel - eigenen Jacuzzi verbracht, das Klima ist hier ja deutlich kühler, nachts wird's dann auch mal wieder relativ kalt. Da saßen dann schon mittags um 1 Alex aus England und Fletcher aus den USA. Die hatten nämlich in der Nacht zuvor den Baru Vulkan und gleichzeitig höchsten Punkt Panamas bestiegen, und waren ziemlich begeistert. Anstrengend, ja, aber für den Ausblick lohnt es sich, bei gutem Wetter kann man sowohl den pazifischen Ozean als auch die Karibik sehen. Ich hatte ja auch schon mit der Besteigung geliebäugelt, aber Sabrina war sich nicht sicher. Die zwei Jungens schienen auf jeden Fall noch ganz fit zu sein, und auch 10 Bierchen im Whirlpool und in der Kneipe rumhängen bis 2.30 Uhr morgens konnte ihnen nichts anhaben. Das sollten wir dann ja wohl auch schaffen. Sabrina hat zur Sicherheit in den folgenden zwei Tagen noch diverseste qualitative Tiefeninterviews geführt, um ganz sicher zu gehen. Aber sogar die, die sich selber eher als sportliche Legastheniker beschrieben, waren der Meinung, dass man das durchaus schaffen kann. Da auch noch ein paar andere Leute das Abenteuer wagen wollten, haben wir uns dann entschieden, das zu machen. Zuerst stand aber am nächsten Morgen noch die Kaffeetour an.

Abends haben wir uns beim Essen erst mit Federico aus Chile und Claire aus Australien bis morgens um 2.30 Uhr festgequatscht, aber Schlaf ist ja sowieso überbewertet und die Wanderung sollte ja auch ein Kinderspiel sein und morgens würde es ja jede Menge Kaffee geben. Federico ist seit über einem Jahr unterwegs und hatte uns als nützlichen Tipp für einen möglichen zukünftigen Trip nach Chile mit auf den Weg gegeben, auf jeden Fall etwas Meskalin aus den sich dort befindlichen Kakteen zu extrahieren, das würde einen erst in die richtige Stimmung bringen. Insofern man „generell an so was Interesse hat“. Muss man dann wohl spontan vor Ort entscheiden, denke ich. Der Kollege ist übrigens auch in 4,5 Stunden den Vulkan mit vollem Gepäck hochgesprintet, vermutlich war da auch irgendwas Illegales mit im Spiel. Das würde auch erklären, dass er und sein Kumpel vergessen haben, einen Schlafsack mitzunehmen. Eher ungünstig, wenn man vorhat, kurz vor dem Gipfel bei 0 Grad zu campen. Kein Wunder, dass die zwei Spezies kein Auge zu getan haben.

Am nächsten Morgen wurden wir um kurz vor 9 von Rich zur Kaffeetour abgeholt. Boquete ist ja durch das kühlere und feuchtere Klima als Kaffeestadt bekannt, Panama produziert zwar nur ein Bruchteil des weltweiten Outputs, aber die Qualität ist dafür anscheinend sehr hoch. Nachdem wir noch vier weitere Kaffeefreunde eingesammelt hatten, gings los zur "Finca Dos Jefes". Rich ist Amerikaner und wollte hier in Boquete eigentlich nur seinen Alterswohnsitz einrichten, hat dann aber eine kleine Kaffeeplantage gekauft und baut seit dem organischen Kaffee an.

Das war der Besitzer Rich der uns wirklich alles mögliche über Kaffeeproduktion, die Industrie, die Umstände, Ethik usw. erzählt hat.

Nachdem die Staatszugehörigkeit abgefragt worden war, erzählte er uns, dass er auch nach Deutschland exportiert, und wer ist der Abnehmer? Woyton in Düsseldorf! Ist das ein Dingen?  So klein ist die Kaffeewelt.

Das war die organische Farm, die ausschließlich nach Düsseldorf exportiert und sonst nur für Panama bestimmt ist. In Düsseldorf hat er scheinbar einen gefunden, der seine Kaffeephilosophie komplett teilt. War für ihn auf jeden Fall ein super Aufhänger, dass wir aus Düsseldorf sind.

Zwischen den Zeilen konnte man raushören, dass Rich das Einkommen aus der Plantage nicht wirklich nötig hat, daher kann er seinen Arbeitern auch mehr zahlen und auch die Behausungen sind deutlich komfortabler als die Wellblechhütten, in denen Plantagenarbeiter sonst wohnen müssen. Bevor wir ein bisschen über die Plantage geeiert sind, hat er uns ein bisschen über die wirtschaftliche Lage und die Geschichte des Kaffee erzählt.

Die ganze Farm war total schön hergerichtet-da hat man gemerkt, dass der Herr seinen Ruhestand da genießt und sich noch ein schönes Hobby geschaffen hat.


Das hat überall so richtig lecker gerochen, weil natürlich Kaffee in Unmengen da rumsteht.

Starbucks scheint auf jeden Fall der Osama bin Laden der Kaffeeindustrie zu sein, der hat ja auch eher weniger Likes bei Facebook bekommen. Aber das ist echt schon krass, wie sehr der kleine Kaffeebauer hier abgezogen wird, ich geh jetzt nur noch zu Woyton. Danach durften wir auch mal eine Kaffeebeere probieren, die überraschend süß und lecker schmeckt.

So sieht die Frucht aus, wenn sie pflückbereit ist-das Ding hat echt super geschmeckt. Wie richtiges Obst, ganz süß und das Koffein gibt's gratis on top.

Unser absolutes Highlight waren aber die getrockneten Beeren. Nach 25 Tagen in der Sonne riechen die so geil, dass man eigentlich sofort eine Hand voll einschmeißen möchte.

Hier werden die Kaffefrüchte für 25 Tage getrocknet bevor es an die Bohne geht.


Das klassische Kaffee-Schnüffel Foto. Aber es hat auch wirklich mega lecker gerochen.


Hier noch mal aus Nähe, nehmt gerne mal ein Näschen.

Nachdem wir uns die Plantage angeguckt hatten, gings dann endlich zum Testen. Drei verschiedene Röstungsstufen durften wir in uns reinkippen, zugegebenermaßen waren die Unterschiede für uns eher marginal. Ich durfte danach dann auch noch ein bisschen Kaffee selber rösten, den wir dann auch mit nach Hause nehmen durften.

Da wird gewogen-wie in der Dallmeyer Werbung.


Probeböhnchen die der Chef des Hauses dann erst mal visuell bewertet hat.


Backo hat die Ausbildung im Schnellverfahren hervorragend bestanden.
Den selbstgerösteten Kaffee durften wir dann auch mitnehmen, also Tester (in der Fachsprache: Cuppers) sind herzlich willkommen.
Zum Abschluss gabs noch zwei Pils auf den Liter Kaffee obendrauf und damit war man schon mittags um 12 durchaus ein wenig angebrütet. Das war vermutlich auch der Grund, warum wir uns nach der Rückkehr ins Hostel dann final zur Vulkanbesteigung verpflichtet haben.

Nach einer Portion Salat mit Bratkartoffeln und Spiegelei, die sogar die Kollegen vom Himmel & Ähd vor Neid hätten erblassen lassen, gings dann um 23.30 Uhr mit dem Taxi los. Das sollte uns am Start des Trecks rauslassen. Das Angebot von den Jungs aus dem Hostel, uns für 15$ pro Person die ersten 4 km den Berg hochzufahren haben wir dankend abgelehnt. Auf so einen Mickey Mouse – Geburtstag lassen wir uns doch nicht ein, wenn schon, dann auch ganz. Um genau 23.55 Uhr machte sich dann unsere lustige Wandertruppe auf den Weg. Neben uns beiden gehörten dazu noch Lucy aus England, Sarah aus Kanada und Nadja und Joel aus Schweden. Die ersten Verluste hatten wir schon nach 500 Metern zu beklagen. Nadja leidet unter Asthma und die Steigung hat ihr so zu schaffen gemacht, dass die Beiden umkehren, und wie wir später erfahren haben, 2,5 Stunden zurück nach Boquete laufen mussten, da um halb Eins nachts natürlich auch kein Taxi zufällig darauf wartet, dass jemand den Berg runtergelatscht kommt.

Lucy hatte in ihrem Ipod einen Schritt-, Km- und Kalorienzähler, so dass wir unseren Weg nach oben ganz gut einteilen konnten. Wir wollten nämlich vermeiden, zu früh am Gipfel zu sein, und ewig in der Kälte auf den Sonnenuntergang warten zu müssen. Das Teil funktionierte ohne GPS, aber – wie genau, ist mir bis heute schleierhaft – erstaunlich akkurat. Was bereits nach der Hälfte des Weges nicht mehr ganz so akkurat funktionierte, waren unsere Körper. Potzblitz, war das steil! Und auch mit Kopflampen war das noch ordentlich dunkel, so dass man sich auch alle naselang fast aufs Maul gepackt hätte. Dafür gabs als Belohnung einen wunderschönen Sternenhimmel mit der ein oder anderen Sternschnuppe. Außerdem gab es just in jener Nacht wohl eine Menge Meteoritenschauer, die wir aber nicht gesehen haben. Nach 5,5 Stunden waren wir dann endlich oben angekommen, und da wartete bereits eine andere 8-köpfige Truppe, die bereits seit 1,5 Stunden in der Kälte saß… Amateure.

Das war leicht irritierend auf dem Vulkan. Ziemlich viel Technik für so einen hohen Punkt.


Der höchste Punkt Panamas 3.475m.


Wir haben das Schlimmste geschafft...



...dachten wir da noch ziemlich zuversichtlich, aber wir haben den Rückweg unterschätzt.

Der Sonnenaufgang war dann wirklich sehr schön, beide Küsten haben wir aber aufgrund der Wolkendecke nicht gesehen.

Wir haben uns über jeden mm Sonne mehr gefreut.


Es war so eisekalt - ca 0° mit Wind und nicht wirklich dafür gemachten Klamotten.


Sonnenaufgang auf dem höchsten Punkt Panamas.


Unser Wandertrupp.


Ein "bisschen" wurden wir dann doch mit Sicht entlohnt, auch wenn es sich da nicht so angefühlt hat.

Nach 1 Stunde auf dem Gipfel waren wir dann so durchgefroren, dass wir uns auf den Rückweg gemacht haben. Bis hierhin war es sicher kein Vergnügen, aber noch zu ertragen. In Kombination mit dem Rückweg allerdings war das der größte Dreck, den ich jemals getarnt als Freizeitvergnügen gemacht habe. Hoch im Dunkeln war echt schon scheiße, aber runter im Hellen war die Hölle. Abgesehen davon, dass man kaum glauben konnte, dass man hier hochgekraxelt war, wenn man mal im Hellen gesehen hatte wie steil das alles war, war dieses ganze Geröll entweder saurutschig oder wahlweise sauglatt. Auch für Knie und Oberschenkel war das Ganze kein Vergnügen. Spätestens ab der Hälfte wollte ich mich einfach nur hinlegen und sterben: „Komm, jetzt beschwer dich nicht, hast doch schöne 33 Jahre gehabt“, dachte man sich da das ein ums andere Mal. Gesprochen wurde schon nach den ersten zwei Kilometern in unserer kleinen Gruppe nicht mehr. Hier gings nur noch ums nackte Überleben, und wer nicht innerlich den Berg oder sich selber beschimpfte, versuchte sich durch Gedankenspiele von den Höllenqualen abzulenken: Das Revue-Passieren-Lassen all unserer Unterkünfte auf dieser Reise, das Aufzählen aller Klassenkameraden in der Grundschule und allen voran – was hätte Rheinhold Messner wohl an unserer Stelle getan? Nach 9 Stunden, 28 km und 3000 Höhenmetern (und 0 Stunden Schlaf) hatten wir es dann endlich geschafft … dachten wir. Da am Fuße des Berges kein Taxi oder Bus zu sehen war, mussten wir noch einen weiteren Kilometer bergab laufen, bis sich ein Busfahrer erbarmt hat, uns mitzunehmen. „Einen Kilometer? Das ist doch ein Klacks“, hör ich den ein oder anderen anmerken. Durchaus, wenn man allerdings schon 27km vorher bereit war, seine eigene Mutter und die noch ungeborenen Kinder für eine Fahrt zurück nach Boquete zu verkaufen, sieht das Ganze schon anders aus.

Was mich an der ganzen Aktion fast am meisten genervt hat, war, dass das sogenannte Runner’s High bei uns nicht eingetreten ist (bei den zwei Boys aus dem Whirpool hingegen schon, sonst wäre die Empfehlung sicher nicht so euphorisch ausgefallen). Egal wie hart es war, wenn man es dann geschafft hat, tritt die Freude über das Erreichte in den Vordergrund und alles wirkt gar nicht mehr so anstrengend… Nö, gabs hier nicht, auch drei Tage später weiß ich immer noch, in Zukunft halte ich mich von Vulkanen fern.

In Boquete angekommen bin ich noch kurz in den Supermarkt, um was zum Auffüllen der mehr als leeren Energiespeicher zu besorgen. Da bin ich dann Charlotte und Ruddy in die Arme gelaufen, das französische Pärchen, das wir in Nicaragua getroffen haben. Die haben dann vorgeschlagen, uns abends um 8 zum Essen zu treffen… mindestens zwei Stunden nach unserer geplanten zu-Bett-geh-Zeit. In der Sekunde habe ich mich dabei erwischt, mir zu wünschen, ich hätte mich einfach zwischen den Melonen vor den Beiden versteckt. Da die Zwei aber wirklich supernett und witzig sind, habe ich natürlich zugesagt, ganz zur Freude von Sabrina, die bereits auf dem Weg in den Jacuzzi war, als ich zurückkam. Da haben wir dann zwei Stunden unsere müden Knochen versucht, wieder auf Vordermann zu bringen. In meinem ganzen Leben war ich noch nie so inne Brötchen, es war gar kein bestimmter lokaler Schmerz, der ganze Körper fühlte sich an, als wenn der jede Sekunde vom Netz genommen werden würde. Die zwei Belgierinnen, die uns nach ihrem Trip noch erzählt hatten, das wäre alles easy und entspannt, und der Ausblick würde die Anstrengung rechtfertigen (Stichwort: Runner's High), hatten jetzt irgendwie auch ne andere Geschichte zu erzählen. Dass sie fast zusammengebrochen wären, und dass das das Härteste war, was sie jemals gemacht hätten, etc. Und überhaupt… Ausblick? Der Sonnenaufgang war nett, aber ansonsten hat man alles schon mal schöner woanders oder auf ner Fototapete gesehen. Aber ich möchte auch nicht zu negativ werden, wer mal dort vorbei kommen sollte, möge sich ein eigenes Bild machen. Wer sich auch ansonsten gerne beispielsweise im SM – Studio mit heißem Wachs bearbeiten lässt oder Stachelbeeren ohne Zucker isst, wird auch daran seine Freude haben. 

Wir haben es dann aber tatsächlich geschafft uns noch mal aufzuraffen, und die 500 Meter in die Stadt zu laufen, um unsere Verabredung einzuhalten. Das war dann auch wirklich witzig, ganz unglücklich waren wir aber auch nicht, als uns der Chef um kurz nach 10 aus dem Lokal geschmissen hat. Die Beiden fahren aber auch in ein paar Tagen nach Bocas del Torro, hoffentlich sehen wir die dann dort noch mal, dann auch mit ein wenig mehr Elan. Als wir wieder im Hostel waren, lagen unsere beiden Mitstreiterinnen eingemummelt in eine Decke auf der Couch, denen gings also auch nicht besser. Und wir sind vermutlich noch eingeschlafen, bevor es sich der Kopf final auf dem Kissen bequem gemacht hatte.

Am nächsten Morgen sollte es dann nach Bocas gehen, und wir waren echt ziemlich traurig. Bis jetzt hatte uns Panama ja noch nicht so 100% überzeugt, aber mit Boquete hat das kleine Ländchen noch mal richtig einen rausgehauen. Sogar trotz des Vulkans war das bis jetzt unser Highlight. Süßes Städtchen, die Leute waren supernett, viel zu tun und zu gucken, dazu noch ein Hammer - Hostel, da hat uns Panama wirklich ein attraktives Päckchen geschnürt. Und daher, und das kann überhaupt nicht hoch genug bewertet werden, würde ich den Vulkan noch einmal besteigen, wenn das die Bedingung wäre, um diesem Örtchen noch einmal einen Besuch abzustatten.   
Backo